fredag den 5. november 2010

der Traum der Kelten


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Artikel-ServicesMario Vargas Llosas neuer Roman
Europa war die Wiege des Bösen
Mario Vargas Llosa stellt in Madrid seinen neuen Roman „Der Traum des Kelten“ vor. Er handelt von den europäischen Verbrechen der Kolonialzeit. Und er erscheint in Deutschland überraschenderweise nicht bei Suhrkamp, sondern bei Rowohlt.
Von Paul Ingendaay, Madrid

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TeilenTwitter04. November 2010 Da steht er auf dem Podium des Madrider Kulturzentrums Casa de América und lässt sich feiern, bleibt aber bescheiden, und wer es nicht glaubte, müsste nur den wohlüberlegten Sätzen in seinem weichen peruanischen Spanisch lauschen: Mario Vargas Llosa hat mit vierundsiebzig Jahren die höchste Ehrung der literarischen Welt erfahren, aber der Nobelpreis ist für einen, der einem so strengen Arbeitsrhythmus folgt wie er, ein schlimmer Zeitfresser.

„Ich versuche, meine Schreibroutine beizubehalten“, sagt er, „aber es ist nicht einfach. Menschen belagern mein Haus. Ich schlafe zwei, drei Stunden pro Nacht, wenn ich überhaupt schlafe.“ Er habe nie daran gedacht, diese Auszeichnung zu erhalten, sondern wollte immer nur „gute Bücher schreiben“.

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© dapd
Der Nobelpreis ist ein schlimmer Zeitfresser: Mario Vargas Llosa bei seiner Buchvorstellung in Madrid

Seinen neuesten Roman hat er mitgebracht, „El sueño del celta“ (Der Traum des Kelten, Alfaguara Verlag). Das Buch liegt jetzt in allen Ländern der spanischsprachigen Welt aus, in Madrid wird schon eine Marathonlesung veranstaltet, es ist der sichere Bestseller. Die Moderatorin drückt noch einmal den Dank Lateinamerikas für die Zuerkennung der Ehrung aus Schweden aus, dann sagt sie, die Übersetzungsrechte des Romans seien schon in zweiundzwanzig Länder verkauft, darunter auch Deutschland. Später fragen wir nach, wer denn der glückliche Verlag sei, und die Moderatorin zeigt uns das Blatt mit der Liste, die frisch von der Agentur Carmen Balcells in Barcelona kommt: Rowohlt steht darauf.

Damit verlässt Vargas Llosa nach etwa drei Jahrzehnten den Suhrkamp Verlag und kehrt zu dem Haus zurück, das seine frühen Titel auf Deutsch publizierte: „Die Stadt und die Hunde“, „Das grüne Haus“ und „Die ewige Orgie“, seinen Essay über Flaubert. Doch der üppige Garten der modernen lateinamerikanischen Literatur, den Siegfried Unseld im Suhrkamp Verlag angelegt hat, ist um einen mächtigen Baum ärmer.

Das Geheimnis ruht im Grab„Der Traum des Kelten“ schildert auf 450 Seiten das Leben von Roger Casement (1864 bis 1916), einem Iren katholisch-protestantischer Herkunft, der zwei sehr verschiedene Arten Ruhm erwarb. Einmal, weil er als britischer Konsul schonungslose Berichte über die Grausamkeiten der belgischen Kolonialmacht im Kongo (1904) und der Peruvian Amazon Company im Amazonasbecken (1912) verfasste, wofür er gelobt, geadelt, herumgereicht und mit guten Gründen gefürchtet wurde. Und zum anderen, weil er als irischer Nationalist in Deutschland gegen Großbritanniens Herrschaft über Irland agitierte, wofür er unmittelbar vor dem Dubliner Osteraufstand im Jahr 1916 in London ins Gefängnis geworfen und drei Monate später gehängt wurde. Vargas Llosas Roman endet mit dem Augenblick, in dem man dem Verurteilten die Schlinge um den Hals legt und der formvollendete britische Henker ihm zuflüstert: „Wenn Sie den Atem anhalten, geht es schneller, Sir.“

Eine wichtige Rolle für Casements Ansehensverlust spielten die sogenannten „Black Diaries“, in denen der Diplomat eine Chronik seiner homosexuellen Aktivitäten erstellt hatte. Die Echtheit dieser Tagebücher wurde oft in Zweifel gezogen, doch heute neigt man dazu, sie für authentisch zu halten. Homosexualität stand in England unter Strafe; zusammen mit dem Stigma des Vaterlandsverrats reichte sie aus, um den berühmten, kurz zuvor noch hochangesehenen Mann jeder Unterstützung zu berauben. Für Vargas Llosa sind diese Aufzeichnungen eher das Produkt einer überhitzten Phantasie, und die Homosexualität der Hauptfigur wird im Roman eher mit zarten Strichen gezeichnet. Kein Thema für große Enthüllungen. Das Geheimnis ruht mit seinem Träger im Grab.

Die Beschäftigung des peruanisch-spanischen Autors mit Roger Casement reicht einige Jahre zurück. In einem Essay über Joseph Conrads „Herz der Finsternis“ (2001) berichtet er von der Begegnung der beiden Männer im Kongo und erwähnt Conrads Bewunderung für Casements sicheres Urteil über die belgische Kolonialpolitik. Die Entzauberung des einen nahm die des anderen vorweg, denn Conrad stieg aus seinem Dreijahresvertrag als Kapitän der Handelsschifffahrt aus und kehrte nach sechs Monaten nach England zurück. Beide Männer legten, jeder auf seine Weise, niederschmetterndes Zeugnis vom angeblich segensreichen Wirken europäischer Zivilisation, Religion und Handelskultur in Afrika ab - Conrad durch seine vieldeutige Erzählung, Casement durch seinen Bericht über Folter, Mord und Ausbeutung, die es dem belgischen König Leopold II. (Vargas Llosa zählt ihn neben Hitler und Stalin zu den großen politischen Verbrechern des Jahrhunderts) ermöglichten, zu einem der reichsten Männer der Erde zu werden.

Mancher Dialog wirkt unfreiwillig naiv
Es habe ihn beschäftigt, wie leicht gebildete, religiöse Männer zu Barbaren geworden seien, erzählt Vargas Llosa jetzt in Madrid. Auf einer Fläche, die 75 Prozent der Fläche Europas umfasse, sei durch Gier und Profitstreben jede Legalität verschwunden. „Der Traum des Kelten“ darf in dieser Beziehung als populäres Sachbuch gelesen werden. Belgische Militärs - die Force Publique - pressten die kongolesische Bevölkerung nicht nur in unbezahlten Arbeitsdienst von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, sie erlegten jedem Dorf auch eine Quote von Nahrungsmitteln auf, die für die Besatzungsmacht zu besorgen waren. Da die Quoten weit über der Arbeitskapazität lagen, gehörten Auspeitschen und das Abhacken von Händen, Füßen und Geschlechtsteilen zum Alltag. Männer verkauften ihre Kinder; Frauen wurden in Bordelle gesperrt, bis die Schulden bezahlt waren; die terrorisierten Dörfer verloren durch die Schreckensherrschaft der Kolonialmacht die Hälfte, manchmal drei Viertel ihrer Bevölkerung.

Roger Casements Enthüllungen hatten seinerzeit eine ungeheure öffentliche Wirkung und versetzten die Diplomaten verschiedener Länder in Aufregung. Viele der Ausbeuterfirmen waren in London an der Börse notiert. Im Jahr 1905 schrieb Mark Twain einen höhnischen satirischen Monolog König Leopolds II. und illustrierte ihn mit Fotografien von Kongolesen mit abgehackten Händen. Heutige Bürgerkriege, Korruption und Machtmissbrauch, so Vargas Llosa, seien die direkte Folge der damaligen europäischen Politik.

In den Essays dieses wachen politischen Kopfes und modernen Aufklärers stößt man immer wieder auf die Forderung, Literatur möge gesellschaftlich zu etwas nütze sein, sie solle sich dem Gedudel und dem Unterhaltungsbetrieb ebenso verweigern wie der politischen Anästhesie. Verständlich also, dass Vargas Llosa sich von seinem Thema gefangennehmen ließ, in Bibliotheken auf drei Kontinenten forschte und mit unzähligen Experten sprach. In Kongo übrigens traf er nur auf einen Einzigen, dem der Name Roger Casement ein Begriff war. Es scheint, als habe dieser Gedächtnisschwund der Historie den Romanautor mit seiner eigentlichen Aufgabe versehen: die Geschichte von der Erkenntnis des Bösen in allen Details auszubreiten und sie mit Daten, Namen und Schauplätzen zu versehen. An diesem Gewicht hat der Roman „Der Traum des Kelten“ schwer zu tragen, und mancher erfundene Dialog wirkt unfreiwillig naiv.

Da lacht Mario Vargas Llosa
In „Die Ringe des Saturn“ hat der 2001 viel zu früh gestorbene Schriftsteller W. G. Sebald gezeigt, wie es anders ginge. Kapitel fünf dieses erstaunlichen Buches handelt auf fünfunddreißig Seiten von Joseph Conrad und Roger Casement. Der Autor, so erzählt er uns, ist im grünen Samtfauteuil vor einer Fernsehdokumentation über die beiden Kongo-Reisenden eingeschlafen; ein paar Sätze haben ihn aber mit gespenstischer Präzision bis in seine Träume verfolgt. Dann, nach dem Aufwachen, will Sebald es genauer wissen. Er liest nach. Aber er sagt uns nicht, was er gelesen hat. Von seiner Recherche verrät er uns kein Wort. Er erzählt nur, er beschwört, er schwebt mit halbgeschlossenen Augen über den Dingen und zieht aus diesen beiden tragischen, abgekämpften Helden der Entzauberung eine Poesie, die man vielleicht nur herausholen konnte, wenn man Sebald hieß.

Eine letzte Frage aus dem Madrider Publikum. Manche Schriftsteller, sagt ein schwedischer Journalist, seien nach der Zuerkennung des Nobelpreises erschlafft und hätten aufgehört. Ob das bei ihm auch zu befürchten sei? Da lacht Mario Vargas Llosa wie über einen guten Witz. Nein, er arbeite immer, sein Leben sei Schreiben, viele fänden das langweilig, er nicht. „Der Tod“, sagt er dann, „wird mich mit der Feder in der Hand antreffen.“


© REUTERS


Text: F.A.Z.
Bildmaterial: dapd, REUTERS

fredag den 8. oktober 2010

NOBELPRIS til VARGAS LLOSA


Literaturnobelpreis für Vargas Llosa
Die Verteidigung der Freiheit
In Mario Vargas Lllosa verbinden sich glücklich ein ästhetischer und ein politischer Geist. Die ideologischen Verirrungen seiner Heimat machten ihn zu einem glühenden Verteidiger individueller Freiheit, der die ganze Weite liberalen Denkens durchmisst. Aus einer Laudatio von Frank Schirrmacher.

Mit Worten gegen Worte kämpfen: Mario Vargas Llosa
08. Oktober 2010 „Romane zu schreiben“, so hat er einmal notiert, „ist ein Aufstand gegen die Wirklichkeit, gegen Gott, gegen die Schöpfung Gottes, die die Wirklichkeit ist.“ Literatur ist ein Aufstand, das heißt: ein Akt der Befreiung. Sie versorgt mit Alternativen, Optionen, aber ehe sie es tut, muss sie den Mut haben, das was ist, nicht als etwas anzuerkennen, was notwendig so und nicht anders sein kann. Das ist ästhetisches Allgemeinwissen. In die Sprache der Politik und Gesellschaft übertragen aber heißt das, es ist die Geburt des Individuums aus dem Geist einer Rebellion. Anders als es die schöngeistigen Schwärmer meinen, befeuert diesen Aufstand nicht nur die Suche nach den letzten Wahrheiten, nach Gott, nach der Schönheit. Das alles sind Ewigkeitsfragen.

Es geht auch eine Nummer kleiner. Es geht darum, dass man das Vorhandene in Frage stellt, weil man will, das es dem Individuum besser geht: geistig - gewiss -, aber auch sozial und ökonomisch. Viele Schriftsteller haben im totalitären zwanzigsten Jahrhundert daraus den Schluss gezogen, kollektivistische Ideologien seien gleichsam die realpolitische Version der literarischen Utopie. Ich kenne nur wenige, die zu einer Zeit, als noch großer Mut zu diesem „Aufstand“ gehörte, den anderen Weg gingen: die die bescheidene Frage nach dem kleinen Glück stellten; die Respekt hatten vor dem Willen und Wollen des Einzelnen und seiner Sehnsucht nach Wohlfahrt. Für die Jahre zwischen 1960 und 1989 kenne ich nur einen, der über literarischen Weltrang verfügt, einen, der wusste, wovon er redet, weil er aus einer Gegend stammt, die seit Generationen zum Laboratorium von Ideologien und Diktaturen geworden ist: Mario Vargas Llosa.


Mario Vargas Llosa und Frank Schirrmacher bei der Verleihung des Freiheitspreises in der Frankfurter Paulskirche
Es muss Anfang der achtziger Jahre gewesen sein, als ich ihn zum ersten Mal traf, im Hause von Siegfried Unseld, der in Deutschland sein kongenialer Verleger wurde. Es war ein Abendessen. Am Tisch wurde politisiert. Einer, ein typischer westeuropäischer Intellektueller der damaligen Zeit, beklagte das Ausbleiben der sozialistischen Revolution in Südamerika und fragte Llosa, in völliger Verkennung seines Gesprächspartners, ob dieses Ausbleiben nicht die Tragödie seines Kontinents sei. Darauf Llosa: „Ich glaube, der typische Südamerikaner will nicht so leben wie in Kuba oder in der DDR. Ich glaube, der typische Südamerikaner würde gerne so leben wie Sie.“

Die Lehre aus dem Zerfall
Mit sechsundzwanzig Jahren veröffentlicht Mario Vargas Llosa seinen ersten Roman und betritt sofort, nein, nicht die Bühne der Literatur, sondern die der Weltliteratur. 1962 war das, und mit Recht spricht einer seiner großen Bewunderer, Daniel Kehlmann, von einem in jeder Hinsicht „ungeheuerlichen Werk“.
„Die Stadt und die Hunde“ erzählt, basierend auf eigenen Erfahrungen, vom brutalen Alltag in einer peruanischen Militärschule. Wer den europäischen Schulroman kennt, von den berühmten Passagen in den „Buddenbrooks“ bis zum „Schüler Gerber“, der lese dieses Buch: Hier wird eine Sozialisation, eine Prägung beschrieben, für die das Vokabular zivilisierter Unterdrückungssysteme nicht mehr ausreicht. Es ist jenseits davon.

Vor einem Jahr hat Llosa diesem Erstling gleichsam aus dem Rückblick geantwortet, mit seinem gleichfalls autobiographischen Roman „Das böse Mädchen“. Hier spannt sich die Handlungszeit von den fünfziger bis in die späten achtziger Jahre. Es ist eine Rekapitulation von Geschichte aus der Perspektive des halben Emigranten, überreich, um das nur beiläufig zu erwähnen, an jenem Humor, der für Llosa typisch ist, eine Gesellschafts- und Mentalitätsgeschichte im kleinen, vor allem eine Liebesgeschichte. Aber zugleich ist es eine politische und eine Wirtschaftsgeschichte.

Im Hintergrund des Romans nämlich spielt sich der politische und ökonomische Verfall von Peru ab, und hier geht es um Dinge, die wir heute ein klein bisschen anders lesen als zuvor. Der Onkel des Erzählers berichtet in Briefen über die Lage in der Heimat, am Schluss nur noch mit kaum leserlicher Schrift, und der Erzähler ist, während er als Kosmopolit in der Welt unterwegs ist, und nun hören wir Llosa selbst, „Schritt für Schritt den wirtschaftlichen Katastrophen gefolgt - Inflation, Verstaatlichung, Bruch mit den Kreditorganisationen, Preis- und Devisenkontrolle, Rückgang der Beschäftigung und des Lebensstandards -, die Alan Garcias Maßnahmen dem Land bescherten“.

Ein engagierter Literat
Man muss daran erinnern, dass Llosa im März 1988 die Freiheitsbewegung „Moviemento Libertad“ gründet und im Juli 1989 die Präsidentschaftskandidatur für Liberale und Bürgerliche in der FREDEMO übernahm. Einer der Gründe war die von Garcia durchgeführte Verstaatlichung der Banken und die Aussicht, das sein potentieller Nachfolger Fujimori die Dinge radikalisieren würde. Llosa behielt Recht; das Fujimori-Regime drohte mit der Aberkennung seiner Staatsbürgerschaft, und auch die Tatsache, das Fujimori später mit Haftbefehl gesucht wurde, war keine Genugtuung, sondern nur eine traurige Bestätigung eines Mannes, der nicht bestätigt werden wollte.

Llosa gehört wie die anderen großen südamerikanischen Autoren, man denke an Borges und Cortazar, zu jener Riege literarischer Begabungen, die die Immigrations- und Erlebniswelt Südamerikas mit Europa und vor allem der europäischen Intelligenz der fünfziger und sechziger Jahre verband. Wie fast alle seiner Generation hat auch ihn Sartres Satz der engagierten Literatur erreicht, die Aufforderung und die Hoffnung, durch Literatur Gesellschaft verändern zu können.

Noch heute bekennt sich Llosa zu Sartre, aber nicht dem politischen Sartre, sondern dem Glauben an die bewusstseinsverändernde Kraft von Literatur. Nur dass er sich auf die Seite des Individuums geschlagen hat und die Kollektive mit Misstrauen, ja Furcht betrachtet: Kein anderer hat so ein sicheres Gespür für die Diktatur im Zustand der Verpuppung, für eine humanitätstriefende Rhetorik, in der in Wahrheit sich bereits der Totalitarismus verpuppt. Es sind ja Worte, die die Diktatoren aller Länder und Ideologien, missbrauchen, Worte der Freiheit, Gleichheit und Menschlichkeit. Wenn das so ist, das ist die gedankliche Operation Llosas, können Worte gegen die Worte etwas ausrichten.

Der weite Sinn des Liberalismus
Es ist nicht gut und vielleicht ein historischer Fehler, dass in Deutschland seit einigen Jahren Liberalismus nur mit Wirtschaftsliberalismus assoziiert wird. Dadurch konnte es geschehen, dass die große Tradition des liberalen Gedankens wie der Bewusstseinskern des Kapitalismus selbst wirken konnte. „Diese Sicht der Dinge“, so schreibt Llosa, „ist nicht weniger dumm, als das, was die Marxisten einst gepredigt haben. Die Marxisten erklären alles ökonomisch, und mache Liberale glauben, der Markt könne aller Probleme Herr werden. Aber kein einziger großer Liberaler hat so primitiv argumentiert.“

Literatur ist ein Verfahren der Freiheitsherstellung, so kann man ihn zusammenfassen, weil sie das tut, was jedes Kind kennt, was am Anfang jeder Karriere, jedes Aufstiegs, jeder Selbsterfindung steht: Sie sieht in der Wirklichkeit eine Maschinerie von Lebensmöglichkeiten, von Optionen, nicht von Einschränkungen. „Der richtig verstandene Liberalismus“, schreibt Llosa, „ist eben keine Ideologie, sondern ein offenes, der Selbstkritik verpflichtetes Ideensystem.

Seine modernitätsstiftende Kraft beruht unbestritten darauf, dass aus ihm die Grundideen hervorgegangen sind, die unsere demokratischen Gesellschaften prägen: die Menschenrechte, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Anerkennung von Verschiedenheit, Toleranz, Gewaltenteilung und Misstrauen gegenüber jeder Art von zu großer politischer Macht“. Für solche Gedanken wurde Llosa von manchen Kollegen hart, zuweilen oft ungerecht kritisiert. Gerade in Deutschland ist ihm der Tadel manchen Großschriftstellers zuteil geworden, der die bequeme Teilung der Welt in Schwarz und Weiß, in Gut und Böse, in Sozialismus und Kapitalismus gefährdet sah.

Verteidigung vor dem Totalitären
Diese Kritik verkennt, dass das Wort, das im genannten Zitat und im Werk Llosas eine bedeutende Rolle spielt, ein Hauptwort ist: Selbstkritik. Llosa ist ein unbequemer Alliierter, und als jemand, der aus den Medien kommt, weiß ich, wovon ich rede. Man lese nach, wie er die Freiheit der Meinungsäußerung gegen den Missbrauch dieser Meinungsäußerung abgrenzt. Mario Vargas Llosa ist der Autor des Individuums und der Verteidiger seiner individuellen Freiheit - er schreibt, in einem Wort, die Gegenerzählung zu den totalitären und kollektivistischen Manipulationen unserer Zeit.

„Wir haben uns geirrt“, so sagte er einmal. „Die Menschen brauchen Religion.“ Er meint damit nicht Religion im engen, klassischen Sinn. Er meint Religion im Wortsinne, als Rückbindung des Menschen. Auch Religionen überliefern sich in Büchern, und die Nähe der großen Erzählungen über den Menschen ist groß, ganz gleich, ob sie aus der Welt des Profanen oder der Welt des Sakralen kommen. Llosa, ein Bibliophiler von Rang, der eine Bibliothek von achtzehntausend Bänden sein eigen nennt, zeigt gerade weil er ein Mann der Freiheit ist, den Anwälten der reinen Geldakkumulation, des Materialismus, der Verschwendung, dass Liberalismus ohne Aufstand, ohne Selbstkritik und ohne tiefen Respekt vor dem Geistigen im wahrsten Sinne des Wortes undenkbar ist. Dies wäre auch in Deutschland zu verstehen: Ein Liberalismus, der nur auf Talkshows und Reformrhetorik setzt, reicht nicht aus. Er muss die Gesellschaft neu denken, er muss in der unüberschaubaren Komplexität der modernen Welt den Menschen an sich selbst erinnern.

Ein anderer großer südamerikanischer Schriftsteller, einer, den Vargas Llosa bewundert, obwohl er ganz anders ist als er, der große Realist, der Argentinier Jorge Luis Borges, erzählt folgende Geschichte:„Im Morgengrauen träumte ihm, dass er sich in einer der Höhlen der clementinischen Bibliothek befindet. ,Was suchst du?‘, fragte ihn ein Bibliothekar, der eine schwarze Brille trug. ,Ich suche Gott‘, antwortet Hladik. ,Gott‘, antwortet der Bibliothekar, ,ist einer der Buchstaben auf einer der Seiten in einem der vierhunderttausend Bände in der clementinischen Bibliothek. Meine Eltern und die Eltern meiner Eltern haben diese Buchstaben gesucht. Ich selbst bin blind geworden bei der Suche nach ihm‘.“
Wir sagen nicht, dass Mario Vargas Llosa ihn gefunden hat, den Buchstaben. Das wäre vermessen. Aber wir sagen, dass er uns alle auf die Suche nach ihm sehend gemacht hat.


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Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der F.A.Z., hielt diese Laudatio im Jahr 2008 anlässlich der Vergabe des Freiheitspreises der Friedrich-Naumann-Stiftung an Mario Vargas Llosa.



Text: FAZ.NET
Bildmaterial: picture-alliance/ dpa, Wonge Bergmann

onsdag den 18. august 2010

ny web shop...

Nu varer det ikke længe, før end dieBuchhandlung.dk fremtræder i ny udgave. Der vil blive tale om en ny, stærkt forbedret udgave af vores netboghandel. De kendte fejl og mangler er blevet rettet og databasen er nu komplet. Bestillingssystemet er blevet nemmere og mere overskueligt. Den ny web shop vil være på den samme adresse. klik ind på www.dieBuchhandlung.dk

fredag den 6. august 2010

Et hus i Istanbul


Elif Shafak
Der Bonbonpalast Originaltitel: Bit Palas.
'Süddeutsche Zeitung Bibliothek der Metropolen'.
gebunden kr. 130,- inkl. moms

Ein Haus als Metapher für eine ganze Stadt: Der Bonbonpalast verwebt kunstvoll die Geschichten der zahlreichen Hausbewohner mit der Geschichte und Gegenwart Istanbuls, einer Stadt zwischen Mystik, Religion und der Kraft der Moderne. Ein Roman, der vor Geschichten nur so sprudelt, Geschichten, die so unglaublich sind und so real wie der Geruch des Hauses, dessen Quelle ganz am Ende an unerwarteter Stelle gefunden wird.

mandag den 2. august 2010

en spændende dame fra USA


Naomi Wolf
Wie zerstört man eine Demokratie Das 10-Punkte-Programm.
Originaltitel: The End of America. Letter of Warning to a Young...
kartoniert kr. 87,50 inkl. moms

Eine fulminante Verteidigung der Demokratie


Demokratie muss mit Zivilcourage verteidigt werden, damit Diktaturen daran gehindert werden, auf die Bühne der Geschichte zurückzukehren. Mit Scharfblick und exzellenten historischen Analysen beschreibt Naomi Wolf zehn Schritte, die den Niedergang funktionierender Demokratien charakterisieren. In Zeiten von Bürgerüberwachung, Datenspeicherung und Sicherheitshysterie ist dieses Buch aktueller denn je.

det snigende diktatur


Die leise Diktatur Das Schwinden der Freiheit.
gebunden kr. 200,- inkl. moms

Wer eine Diktatur erlebt hat, schätzt Demokratien wie ein Paradies: keine Gulags, KZs oder Gestapo. Und doch ist Vorsicht geboten. "Bei den wenigsten Gefängnissen sieht man die Gitter", spitzte es der Kabarettist Oliver Hassencamp zu.
Unsere Freiheit verdampft. Ursachen sind ein Staat und ein Europa, die zu einer "fürsorglichen" Diktatur mutieren. Der Staat reguliert und kontrolliert immer mehr und überschwemmt die Bürger mit Gesetzen und Verordnungen.
Den Autoren dieses Bandes reicht es! Sie haben genug von Parteien und Medien, die uns aufzwingen, wie zu denken und zu reden ist. Sie wehren sich gegen Kirchenfeindlichkeit, die Einschränkung ihrer Religionsfreiheit als Christen, Abtreibung und Euthanasie sowie gegen den neuen Antisemitismus der Linken, gegen eine ausufernde Kriminalität, gegen Islamisierung und Überfremdung und den verschämten Umgang mit der eigenen Kultur und Identität.
Ein Buch, das sich entschieden gegen die leise Diktatur
der "Freiheitsfresser" wehrt.

finanskrisen....


Kai A. Konrad, Holger Zschäpitz
Schulden ohne Sühne? Warum der Absturz der Staatsfinanzen uns alle trifft.
s/w. Abbildungen.
gebunden kr. 175,- inkl. moms

Alles, was man über die Schuldenkrise wissen muss. Kurz und bündig in drei Teilen:

Eine kleine deutsche Finanzgeschichte
Die großen Staatsbankrotte der Vergangenheit - und wie es zur gegenwärtigen Lage kommen konnte

Warum Staaten Pleite gehen können
Die verhängnisvollen Mythen zur Staatsverschuldung - und wie sie tatsächlich funktioniert

Wege aus der Billionenfalle
Was Staatslenker tun sollten
Wie Staatsbürger ihr Geld retten

Können Staaten Pleite gehen? Wollen wir wetten? Kai A. Konrad, einer der renommiertesten Ökonomen Deutschlands, und der Wirtschaftsjournalist Holger Zschäpitz zeigen, wie es zur aktuellen Lage kommen konnte, warum wir alle betroffen sind und wie man sein Geld retten kann. Unsere Zukunft in Europa hängt, wie alles, am Geld. Jetzt, wenn Griechenland und womöglich weitere Länder der Euro-Zone in finanzielle Schwierigkeiten geraten und die Hilfe der Staatengemeinschaft beanspruchen, werden die Weichen für die Zukunft des Euros und der Europäischen Union gestellt.

Auf Basis neuester ökonomischer Forschung zeigen Kai A. Konrad und Holger Zschäpitz, wie es zu dem massiven Anstieg der Staatsverschuldung kam, sie ziehen historische Parallelen, entlarven populäre Irrtümer und diskutieren realistische Lösungsmöglichkeiten. Wenn wir aus der Billionenfalle nicht herauskommen, drohen uns allen - Arbeitnehmern, Rentnern, Kapitalanlegern - drastische Folgen, die der Hyperinflation und den Währungsreformen, die Deutschland in seiner Geschichte schon mehrfach erlebt hat, in nichts nachstehen.
"Dieses Buch ist ebenso faszinierend wie beängstigend, denn es handelt davon, wie Europas Politiker mit einer unkontrollierten Schuldenlawine die Zukunft unserer Kinder aufs Spiel setzen. Angebliche Rettungsaktionen für bedrängte Staaten sichern im Moment das politische Überleben und führen doch auf die Dauer zu immer mehr Schulden, bis möglicherweise der Euro selbst kollabiert. Wie man das Unheil noch abwenden kann erfährt der Leser aus einer tiefgründigen, faktenreichen und spannend geschriebenen Analyse zweier hochkompetenter Autoren."
Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo-Instituts

"Kai A. Konrad und Holger Zschäpitz geben analytische Einblicke in die vielfältigen Gründe und Abgründe staatlicher Schuldenpolitik."
Christine Scheel, MdB, Bündnis 90/Die Grünen

"Eine hervorragende Analyse der Schuldenkrise, ihres Entstehens und ihrer Folgen. Dieses Buch wird eines der wichtigsten Bücher des Jahres werden ¿ auch für Nicht-Ökonomen!"
Roland Berger, Roland Berger Strategy Consultants

"Die Autoren fordern zu Recht auch auf der Euro-Ebene eine effizientere Kontrolle der nationalen Staatsfinanzen."
Hans Tietmeyer, Präsident der Deutschen Bundesbank a.D.

"Anders als sein Sujet ist die Lektüre des Buches ein Genuss ohne Reue: wissenschaftlich fundiert, hochaktuell und flott geschrieben."
Wolfgang Franz, Vorsitzender der "Fünf Wirtschaftsweisen"

"Eineinhalb Jahre nach der Lehmann-Pleite sind mit der Griechenland-Krise ganze Staaten als Systemrisiko deklariert und durch gemeinschaftliche Rettungspakete aufgefangen worden. Die Autoren kritisieren die ungezügelte Risikobereitschaft an den Finanzmärkten, deren Folgen häufig von der Allgemeinheit zu tragen sind. Aus dieser Perspektive ist eine bessere Finanzmarktregulierung erforderlich, damit die Märkte Risiken richtig widerspiegeln. Eine sehr lesenswerte Lektüre, kenntnisreich geschrieben, mit vielen historischen Parallelen."
Dr. Michael Heise, Allianz Chefvolkswirt
Holger Zschäpitz ist leitender Wirtschaftsredakteur bei der "Welt" und der "Welt am Sonntag", und schreibt regelmäßig für "Cicero". 1989 erlebte der gebürtige Leipziger seinen ersten Staatsbankrott, der ihm persönlich großen Gewinn bescherte: Aus dem Facharbeiter für Datenverarbeitung konnte endlich ein leidenschaftlicher Ökonom und Journalist werden.

Prof. Dr. Kai A. Konrad ist Direktor am Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht in München. Er ist einer der forschungsstärksten deutschen Ökonomen und ein vielgefragter Berater in Medien und Politik, u.a. im Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium der Finanzen.