søndag den 17. juli 2016

getting old

the only real problem getting old is to see one's friends and contemporaries die one by one, to mourn and commemorate them and to know that they do not come back.

lørdag den 16. juli 2016

Er war ein Großer der europäischen Literatur, wer ihn las, bekam Flügel. Danke für alles, Péter Esterházy.



Zum Tode Péter Esterházys: Wenn Unsterbliche sterben

Ein Nachruf von Terézia Mora

Die Zeit hat nicht gereicht, dass wir, die wir ihn schätzten und liebten, es hätten glauben können, dass Bauchspeicheldrüsenkrebs auch jemanden wie ihn töten kann. So etwas kam uns, ehrlich gesagt, nie in den Sinn. Dass er sterblich sein könnte wie jeder andere Mensch auch.
Wir, die wir eine Generation jünger (und dazu Ungarn, schreibende wie lesende) sind, sind alle auf die eine oder andere Weise seinem Mantel entstiegen. Als ich aufwuchs, in den Siebziger- und Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts, waren die meisten Haushalte, die ich kannte, proletarisch, die Staatsform war Diktatur, aber Bücher waren billig, und Péter Esterházy konnte verlegt werden.

Ab dem zweiten Buch (dem von mir später übersetzten "Produktionsroman") hat meine Mutter alle seine Bücher gekauft. Ich las hinein, aber da ich ein Kind war, verstand ich nichts. "Wir finden keine Worte. Wie versteinert sind wir. Erschrocken plinkern wir: Sollten wir dermaßen unserer Lust-und-Laune ausgeliefert sein?"

Als Studentin nahm ich diese frühen Bücher wieder zur Hand und habe selten so gelacht. Aber das war immer noch nicht der Moment, da er mir als Autor unverzichtbar wichtig wurde. Ich war lediglich endlich in der Lage, ihn zu lesen. Als ich schließlich 30 wurde, übersetzte ich das erste Mal etwas von ihm. Es war sein großer Roman: "Harmonia Caelestis". Danach war ich endgültig frei.

Esterházys Sätze sind so, dass sie das in einem befreien, was befreit werden kann. Sätze wie diese: "1917, also gerade noch rechtzeitig, denn damals ging gerade alles zu Ende, damit neue Allesse anfangen konnten, erschien meinem Vater in Felsogalla die Jungfrau (hier: Maria), um ihm drei Geheimnisse anzuvertrauen..."

Solche Sätze voller Mut und Witz, Geist und Heiterkeit, Demut und Selbstironie, mit ihren Registerwechseln und der bis an ihre Grenzen gedehnten, aber niemals überdehnten Grammatik (denn es ist eine Frage der Berufsehre, darauf zu achten, dass "der Nebensatz nicht im Hauptsatz schlackert wie ein schlechtes Scharnier") haben mich zu der Erkenntnis gebracht, dass es keinen Grund auf dieser Welt gibt, nicht alles mit einem Satz zu machen, nicht alles von sich hineinzulegen, was einem nur möglich ist. Sätze, die den Blick (und somit die Handlungsmöglichkeiten, innerhalb und außerhalb des Satzes) erweitern, anstatt ihn einzuengen.

Esterházy gelesen und übersetzt zu haben hat mir Flügel verliehen. "Man muss alles versuchen. In die Sackgassen muss man auf ganz neue Weise hineinspazieren", steht in "Einführung in die schöne Literatur".

Als ich das gelesen habe, habe ich verstanden, was es war, was mich lähmte, damals, in den Siebziger- und Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts, als die meisten Haushalte proletarisch und die Staatsform Diktatur war. Ich hatte kein Vertrauen, keinen Halt. Ich hatte Angst. Aber ab nun hatte ich keine mehr. Ab nun hatte ich auch eine Stabilität gefunden, die Esterházy scheinbar von Haus aus mitgebracht hatte.

In ihm war all das stabil, was in mir, anfangs, ganz und gar nicht stabil war. Gott, Vaterland, Familie, Worte. Er hatte diesen Kern, ohne dass ihn das unbeweglich gemacht hätte. Die große Schwäche vieler Konservativer (und verbohrter Liberaler; ja, die gibt es auch): seine Werte so ängstlich zu hüten, dass man sich kaum zu rühren traut. Als müsste man befürchten, das zu knappe Fähnchen, in das man sich hüllt, könnte verrutschen und einen entblößen. (Als was? Als der, der man ist. "Jeder ist ein Mensch, der ein Mensch ist.") Lösung: nicht zu knapp, nicht zu steif. Es ist erlaubt, seine Nichtallwissenheit, sein Im-Prozess-Sein offenzulegen. Nicht, sie als Ausrede zu benutzen. Das käme sowieso heraus, denn es kommt immer alles heraus.

Sprachlich und ethisch unsere Instanz

Seitdem ich das verinnerlicht habe, schreibe ich anders und nehme auch alle Sätze, die andere produzieren, anders wahr. "Harmonia Caelestis" zu übersetzen hat mir als junge Autorin geholfen zu sehen: Hier liegt die Messlatte. Der Moment, wenn man sich als Künstler einen Meinvater adoptiert. Und wie mir ging es den meisten, die ihn je gelesen haben. Er war und ist immer noch unsere Instanz, sprachlich und (bzw.: also) ethisch.
"Ein Schriftsteller hat nicht in Volk und Nation, sondern in Subjekt und Prädikat zu denken" bzw. "Über einem gewissen Niveau begeben wir uns nicht unter ein gewisses Niveau".
Was dieses hier so schwierig macht, ist, dass ich das Privileg hatte, nicht nur seine Texte, sondern auch ihn persönlich kennenzulernen, und er zu allem Überfluss auch noch ein zauberhafter Mensch war und mir deswegen fehlen wird, solange ich lebe.

Es gibt seine Texte, das ist großartig. Aber er wird mir fehlen. Wie vielen. Wir sind viele, die an ihn wie an ein Familienmitglied denken. Man hat Sachen von ihm gelernt wie von einem Meinvater. Dass die Arbeit zählt, zum Beispiel. Wie die Arbeit ist. Wobei die meisten Autoren, die ich kenne, fleißig sind und (nicht mehr ganz so viele, aber immerhin einige) auch demütig. Die Sprache, die sich in Gottes Nähe befindet, und ich, die ich versuche, in die Nähe der Sprache zu kommen. "Am bezauberndsten können Atheisten das Wort Gott aussprechen."

Wir haben allen Grund, dankbar zu sein: für sein Werk und für seine Person. Natürlich: Er hatte es leicht. Er ist so geboren. Und dazu hat er sich auch noch Mühe gegeben. Wir anderen müssen uns eben noch etwas mehr Mühe geben.
Ich verspreche, mir Mühe zu geben.
 
Ich glaube nicht daran, dass wir uns wiedersehen. Ich bedauere das wirklich. Ich muss jetzt eine viel längere Zeit ohne dich leben, als ich immer dachte. Ich und die anderen, denen es ebenso geht, wir müssen uns nun damit begnügen, was noch möglich ist: An dich denken, dich lesen, dich weiter als die Instanz ehren, die du für uns geworden bist.
Dein Wort gilt. Wenn wir uns daran halten, wird es uns besser gehen, das wenigstens ist garantiert. Danke für alles. Ruhe in Frieden.

tirsdag den 12. juli 2016

Legendary Lebanese poet dies at 102

 
 
Christian clerics pray around the coffin of Lebanese poet Said Aql, as his body lies in state in Notre Dame University northeast of Beirut, Dec. 1, 2014.  (photo by REUTERS/Mohamed Azakir)

Legendary Lebanese poet dies at 102

Author: Al-Hayat (Pan Arab)
Said Aql [who died Nov. 28 at 102] almost lived through the entire 20th century. He was an ever-innovating classic poet whose poems always included Arabic prosody and the aesthetics of poetry, which are celebrated by the legacy of Arab ancestry. Aql was a great poet and he was undoubtedly the last classical legend left, after the departure of the pioneers of the Renaissance. He created a revolution in acrostic poems and in the poetic Arabic language, whose secrets he understood and experienced at an early stage, allowing him to mold it like pure gold in the hands of a skilled jeweler.
SummaryPrint Remembering Lebanon's renowned poet Said Aql, whose legacy spanned the 20th century.
Author
Aql, also known as the author of "Cadmus," lived within and beyond the 20th century, as he was not affected by either its cultural and poetic revolutions nor the wars and tragedies in the region. He was not interested in modernity and insisted that poetic prose were not poems. He was a very self-sufficient poet, happy with his authentic taste which has long fed from the roots of the Abbasi poetry, the Quran, Nahj al-Balagha and several other works of literary heritage. This is not to mention the influence of classical French poetry, which inspired him to enthusiastically write perfectly composed poems in French. Some of his last poems were published in two collections, "Sparks" and "Carving in Light" in 2000. Readers and followers were surprised by this publication because of its Arabic morphology, in which he regained his so-called poetic virility combining heroism and the clash of swords. In these two collections, Aql proved that he was an Arabic language poet par excellence. Despite his call to adopt the spoken Lebanese language and writing it in Latin letters [rather than Arabic script], this project failed to receive broad acclaim.
Aql was known as Lebanon’s poet and he perfectly played the role of the poet who preaches about his homeland, the land of cedars and Phoenicia, the home of civilizations, heroes and legends. He wrote many texts in this context, including his famous book "Loubnan in Haka’" ("If Lebanon Were to Speak"). But Said Aql’s Lebanon was neither realistic nor real. His Lebanon was perfect, legendarily and exaggerated. Aql’s vision of Lebanon was a matter of dispute and controversy between him and a large segment of the Lebanese people, who disagreed with him about the nation’s identity and history. He never [paid much attention to] his opponents or the critics who began political and ideological campaigns against him. He never backed down from his Lebanese principles, with the exception of particular positions he had taken by the beginning of the civil war, which were described as "chauvinistic" by some.
Many of Aql’s fans wished that he had not got into politics and sank into its mud. A Lebanese poet elevated by the Arab language and poetry to the highest ranks of beauty and greatness is far more important than [one who has] come down from the pedestal and into the maze of Lebanese politics. Lebanon, the dream, cannot but remain a dream in the poet’s imagination because the reality of Lebanon is a whole different matter. Lebanon for "Cadmus" is a fiction, a Lebanon written in beautiful poems that emerging from the deep within. However, it was difficult for a poet like Aql to remain on the sidelines of politics although he knew that his political ideas would have a high cost and be controversial, especially among his Arab opponents.
Aql was a unique poet who wrote plays and numerous poems in both classical and colloquial Arabic. He is a poet so great that he cannot be classified — classical and neo-classical, symbolic and Parnassian, he was a rational romantic, always in his own way. He could also be lyrical without any pain or sorrow. It is known that he was never a fan of sad poetry, but always tended to opt for joyful writing. However, Aql managed to be all these poets and none of them at the same time. ... The poet who wrote "Rindalah" left an impact on the poets of his generation and of generations to come. The poets of the first generation of Arab novelty had to face his poetry and try to impose the revolution. However, Aql created his own novelty, a renaissance novelty, both musical and rhythmic, a classical novelty of order, creativity and metaphors.
He sparked innovation in the Arabic poem by purifying the language. He molded the poetic prose and rhymes and tended to adopt short verses, mixing between different rhythms in one poem.
Aql was the poet of glory and greatness, the poet of joy and happiness, the poet of tranquility and salvation, the poet of platonic courting and of pure love. He wrote about women as lovers, sisters and mothers and never adopted erotic poetry. Perhaps therein lays the uniqueness and qualities of courtly poetry from the poet who wrote the most important collections of "Rindalah" and "Ajmal Minki? La!" ("More Beautiful than You? No")
The funeral procession to mark his death is scheduled for Tuesday [Dec. 2] at 11:30 a.m. from St. George Maronite Cathedral in Beirut. His body will then be buried in his hometown of Zahle.


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